Unter dem Sammelbegriff
Vaskulitis werden Erkrankungen zusammengefasst, bei denen es durch autoimmunologische Prozesse – am häufigsten eine Allergie vom Typ 3 – zu Entzündungen von Arterien, Arteriolen, Kapillaren, Venolen und Venen kommt, wodurch in der Konsequenz auch die versorgten Organe selbst geschädigt werden. Die Ursachen sind noch nicht geklärt. Zurzeit werden genetische Faktoren in Kombination mit Umwelteinflüssen wie Infektionen mit dem Bakterium Staphylococcus aureus oder dem Hepatitis-Virus vermutet.
Früher führten Vaskulitiden innerhalb weniger Monate zum Tod, heute dagegen können sie durch eine Therapie mit Immunsuppressiva in eine Remission gebracht werden, wodurch die Krankheit allerdings nicht besiegt ist: Da das Immunsystem bleibend entgleist ist und die Ursachen dafür nach wie vor nicht entschlüsselt sind und deshalb auch nicht behoben werden können, kann es jederzeit zu einem Rezidiv kommen.
Im Gegensatz dazu sind Vaskulopathien eine Gruppe primär nichtentzündlicher Gefäßerkrankungen unterschiedlicher Ursache, die zu einem teilweisen oder vollständigen Verschluss eines Gefäßes führen. In der Praxis werden beide Erkrankungstypen allerdings sprachlich häufig nicht sauber voneinander getrennt.
Klassifikation
Primäre Vaskulitiden
Primäre Vaskulitiden sind Vaskulitiden ohne bekannte Grunderkrankung. Sie werden nach der
Revidierten Chapel-Hill-Consensus-Conference-Nomenklatur (2012) nach Größe der betroffenen Gefäße und je nachdem, ob sie ANCA-Antikörper aufweisen oder nicht, wie folgt klassifiziert:
Primäre Vaskulitiden kleiner Gefäße
ANCA-assoziierte Vaskulitiden- Granulomatose mit Polyangiitis (alte Bezeichnung: Wegener-Granulomatose) mit Vaskulitis vor allem der kleinen Arterien von Nieren und Lungen
- Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (alte Bezeichnung: Churg-Strauss-Syndrom)
- Mikroskopische Polyarteriitis (Abkürzung: MPA oder mPAN)
Nicht-ANCA-assoziierte VaskulitidenBei den nicht-ANCA-assoziierten Vaskulitiden der kleinen Gefäße finden sich Immunkomplex- und Komplementablagerungen, es handelt sich dabei also um primäre Immunkomplexvaskulitiden.
- IgA-Vaskulitis (Purpura Schönlein-Henoch)
- Vaskulitis bei essentieller (d. h. idiopathischer) Kryoglobulinämie
- Anti-GBM-Krankheit (glomeruläre Basalmembran)
- Hypokomplementämische urtikarielle Vaskulitis (Anti-C1q-Vaskulitis)
Primäre Vaskulitiden mittlerer Gefäße
- Polyarteriitis nodosa (PAN)
- Kawasaki-Syndrom
Primäre Vaskulitiden großer Gefäße
- Riesenzellarteriitis (früher auch Arteriitis temporalis, Arteriitis cranialis oder Morbus Horton genannt)
- Takayasu-Arteriitis als ANCA-negative Vaskulitis vor allem der Aorta und ihrer Hauptäste
Primäre Vaskulitiden variabler Gefäßgröße
- Cogan-I-Syndrom
- Morbus Behçet
Primäre Vaskulitiden eines Organs
- kutane leukozytoklastische Angiitis
- primäre ZNS-Vaskulitis u. a.
Sekundäre Vaskulitiden
Die sekundären Vaskulitiden treten bei Autoimmunerkrankungen und Infektionserkrankungen (z. B. AIDS, Syphilis) auf oder sind medikamentös induziert.
Auch die akute vaskuläre Organabstoßung nach einer Nierentransplantation zählt dazu, Ursache sind hierbei vom Empfänger synthetisierte IgG-Antikörper gegen Alloantigene der Epithelzellen des Transplantates.
Ebenso können sekundäre Vaskulitiden nach Aufnahme von Kokain und Mutterkornalkaloiden sowie einigen Heilpflanzen auftreten.
Siehe auch
Literatur
- Gerd Herold: Innere Medizin 2016 - ISBN 978-3-9814660-5-8
- ARTHRITIS & RHEUMATISM Vol. 65, No. 1, January 2013, pp 1–11: 2012 Revised International Chapel Hill Consensus Conference Nomenclature of Vasculitides
Weblinks
- [http://www.dgrh.de/vaskulitis.html Krankheitsbeschreibung Vaskulitis der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie]
- [http://www.vasculitis.org/ European Vasculitis Study Group] (englisch)
- [http://www.vaskulitis-zentrum.de/ Interdisziplinäres Vaskulitis-Zentrum], Informationen für Patienten und Angehörige (deutsch)